Natürliche Substanzen gelten als gesünder, verglichen mit synthetischen. Deswegen verpflichtet sich zb der Bio-Anbau, nur natürliche Pestizide und Herbizide zu benutzen. “Natürlich” bedeutet in diesem Fall, dass diese Substanzen so in der Natur schon vorkommen müssen.
Das ist leider quatsch. Ob eine Substanz in der Natur vorkommt oder nicht, sagt null über ihre Verträglichkeit. Hier ein lustiges Beispiel aus der jüngsten Forschung. Eine fiese Gruppe von Chemikalien sind polybromierte Diphenylether. Die dienen als Brandschutzmittel und werden zb bei Elektronikprodukten, aber auch Textilien zugefügt. Das Fiese ist, dass sie sich im Körper anreichern können. Deswegen kann man nach einiger Zeit in einen Bereich kommen, wo die gesundheitsschädlich sind. Deswegen gelten strenge Grenzwerte. “Naturprodukte” verzichten natürlich vollständig auf derartige Chemikalien.
Überraschung! Forscher haben jetzt herausgefunden, dass Meeresorganismen die auch produzieren. Um genau zu sein, die Cyanobakterien, die als Symbionten in Schwämmen wohnen. Damit sind polybromierte Diphenylether ab jetzt ein “Naturprodukt”. Cool, oder? Ändert leider überhaupt gar nichts an der Einschätzung, wie gefährlich sie sind, oder wie die Grenzwerte aussehen sollten. Obwohl es mich nicht wundern würde, wenn Bio-Textilanbieter bald feuerfeste Wollpullover im Angebot hätten. “Mit biologischen Flammschutzmitteln aus organisch angebauten Tiefseeschwämmen”.
http://www.spektrum.de/news/wie-flammschutzmittel-in-schwaemme-kommen/1457841