Gene drive ist eine Methode, durch die eine gentechnische Veränderung an alle Nachkommen weitergegeben wird. Dadurch ist sie innerhalb von ein paar Generationen in der gesamten Population verbreitet.
Eine mögliche Anwendung für gene drive wird seit Jahren diskutiert: Die Ausrottung der Malariamücke Anopheles.
Diese Mücke überträgt Malaria. Deswegen ist ihre Bekämpfung schon lange ein Mittel, das Regierungen nutzen, um ihre Bevölkerungen vor der Krankheit zu schützen. In Europa wurden im 19. und 20. Jahrhundert Feuchtgebiete trockengelegt, was jedoch enorme Auswirkungen auf die Ökosysteme hat. Auch einen starken Effekt haben gezielt zur richtigen Zeit ausgebrachte Insektengifte. Auch die wirken sich aber auf die Ökosysteme aus und könnten durch Anreicherung in der Umwelt auch Folgen für den Menschen haben.
Gene drive könnte hier eine Alternative sein.
Durch gene drive wird zb eine Veränderung verbreitet, die Weibchen unfruchtbar macht. Genveränderte Männchen paaren sich mit wildtyp Weibchen. Deren Töchter sind unfruchtbar. Die Söhne paaren sich mit weiteren wildtyp Weibchen, mit deren Nachkommen es sich dann genauso verhält. Das geht so lange, bis es zu wenige fruchtbare Weibchen übrig sind und die Population zusammenbricht. Statt Gift bringt man also einen Schwarm modifizierter Männchen über dem betreffenden Sumpfgebiet aus und hat nach einiger Zeit alle Mücken erwischt.
Mehrere Fragen sind offen:
– klappt das überhaupt? Jurassic Park Fans wissen, dass das Leben einen Weg findet. Über kurz oder lang sollte sich durch die normalen Prozesse der Evolution eine Resistenz in den Mücken ausbilden. Sie würden diese Attacke also überstehen. Dadurch hätten wir im Prinzip nichts verloren, außer das Geld für die Maßnahme. Eine aktuelle Studie im Labor findet jetzt, dass eine Mückenopulation von 300 Weibchen, 150 wildtyp Männchen und 150 gene drive Männchen innerhalb von 8-11 Generationen ausstirbt. Zumindest in dieser Größenordnung ist also keine Resistenzbildung zu erwarten. Die Forscher hatten den gene drive mit Absicht so platziert, dass eine Resistenz sehr unwahrscheinlich würde. Das scheint so weit zu funktionieren, und man würde wohl zumindest die Anophelesmücke für einige Zeit stark dezimieren, selbst wenn das mit der kompletten Ausrottung nicht hinhauen sollte.
– was, wenn es unvorhergesehene Auswirkungen gibt? Sollte der gene drive so funktionieren wie geplant, geht eine Kettenreaktion los, die die gesamte Anophelespopulation der Region, evtl der ganzen Erde auslöscht. Sollte sich während der ersten Woche dieser Maßnahme zeigen, dass sehr unangenehme und völlig überraschende Auswirkungen damit einher gingen, hätten wir keine Möglichkeit, das Ganze noch aufzuhalten. Wir würden dem Elend nur noch zusehen können. Kein Szenario für Freunde doppelter Sicherheitsnetze. Und unbehaglich nah an der Eingangsstory eines Horrorfilms.
An diesem Punkt wird allerdings auch gearbeitet. Forscher suchen nach Möglichkeiten, einen gene drive regional begrenzen und im Notfall abbrechen zu können.
– ethische Einwände? Niemand hat Probleme damit, einen Krankheitserreger auszurotten. Man kann ja ein paar Proben im Tiefkühlschrank behalten, damit der Organismus der Wissenschaft nicht verloren geht. Aber die Mücke ist ja jetzt nicht der Erreger sondern nur der Überträger. Ändert das die Situation?
Es ist abzusehen, dass die wissenschaftlichen Bedenken gegen eine Mückenbekämpfung mittels gene drive nach und nach ausgeräumt werden. Nicht nur das Leben findet immer einen Weg, auch die Wissenschaft macht das Ich denke, dass es in einigen Jahren zu Feldversuchen kommen wird, gerade weil in einigen Ländern das Problem so immens ist.
Die Infos zur aktuellen Studie habe ich übrigens vom Science Media Center. Ziemlich coole Ressource für wissenschaftliche Hintergründe zu aktuellen Themen.