In sozialen Medien geht gerade dieser Screenshot rum. Anscheinend hat ein Onlinemagazin den Tipp gegeben, bei großer Hitze in der Bude einfach den Kühlschrank offen stehen zu lassen. Falls Ihr Euch fragt, was daran so lustig sein soll – hier ganz wertfrei die Erklärung.
Zuerst: Als ich heute auf der Website von “Bunte” nachgesehen habe, war der Punkt mit dem Kühlschrank nicht mehr auf der Liste. Ich weiß nicht, ob Bunte ihren grandiosen Verplaner eingesehen und korrigiert haben, oder ob das ganze ein ziemlich lustiger Fake war. Das macht aber für diesen Artikel keinen Unterschied.
Wärme ist eine Form von Energie. Nach dem Energieerhaltungssatz kann man Energie weder erschaffen noch vernichten. Wenn es irgendwo kalt wird, wird also Wärmenergie nicht vernichtet, sondern sie geht nur irgendwoanders hin.
Kalt wird es z.B. vorne an einer Sprühdose, wenn ich lange sprühe. Das liegt daran, dass das Treibmittel nur unter dem Druck in der Sprühdose flüssig bleibt. Lässt man es nach draußen, verdunstet es schlagartig. Dazu braucht es Energie, und die nimmt es aus der Wärme der Umgebungsluft. Die Wärmeenergie verschwindet dabei nicht, sondern wird umgewandelt. Sie steckt jetzt im Zustand des Treibmittels. Als Gas enthält das nämlich mehr Energie als als Flüssigkeit. Ist bei Wasser so ähnlich, deswegen muss man auch Hitze zuführen, um 0°C kaltes Eis zu 0°C kaltem flüssigen Wasser zu schmelzen.
Ich könnte also meinen Kühlschrank kühlen, indem ich eine große Menge Treibmittel darin verdampfen lasse. Irgendwann wärmt er sich aber wieder auf, weil die Wärme von draußen langsam durch die Wände kommt. Um mein Treibmittel nochmal verdampfen zu lassen, müsste ich es erst zusammenquetschen, damit es wieder flüssig wird. Würde gehen. Der Haken ist aber, dass es dabei heiß wird. Bei jedem Verflüssigen würde ich also den Kühlschrank heizen, um ihn dann mit dem Verdampfen wieder abzukühlen. Würde nichts bringen.
Zu einem funktionierenden Kühlschrank fehlt noch ein Detail: Das Verdampfen passiert drinnen, das Verflüssigen draußen. Im Kühlschrank sind Rohre, in denen ähnlich wie bei einer Sprühdose eine Flüssigkeit verdampft wird. Dadurch sind die kalt. Auf dem Weg durch den Kühlschrank wird die Flüssigkeit vom Kühlschrankinhalt aufgewärmt. In anderen Worten: Auf dem Weg wieder raus nimmt sie Wärme mit, die vorher im alkoholfreien Bier steckte. Oder im selbstgemachten Holunderblüteneis.
Außerhalb des Kühlschranks wird die Flüssigkeit wieder komprimiert. Dabei wird sie wie gesagt warm. Dann fließt sie außen auf der Rückwand wieder durch Rohre, von denen die Wärme an die Umgebungsluft abgegeben wird. Also an meine Küche. Oder den Bandproberaum. Wo auch immer der Kühlschrank steht. Deswegen ist ein laufender Kühlschrank hinten immer warm. Danach ist die Flüssigkeit wieder auf Raumtemperatur, fließt wieder in den Kühlschrank rein und wird dort verdampft.
Was ein Kühlschrank also macht, ist Wärmenergie von innen nach außen zu transportieren.
Was passiert jetzt, wenn ich ihn offen stehen lasse? Dann ist innen und außen derselbe Raum. Die Wärme, die auf der einen Seite aufgenommen wird, wird auf der anderen wieder freigesetzt. Das kann einen Raum natürlich nicht kühlen. Bei einem perfekten Kühlschrank würde sich die Raumtemperatur einfach nicht ändern. Perfekte Kühlschränke gibt es aber nicht. Nicht mal theoretisch. Auf der Außenseite entsteht immer deutlich mehr Wärme als dem Inneren entzogen wird. (Die entsteht natürlich auch nicht aus dem Nichts, sondern aus der elektrischen Energie, mit der der Kühlschrank betrieben wird – als Nebeneffekt von Transport und Kompression der Flüssigkeit. Energieerhaltung, Baby!)
Ein offenstehender Kühlschrank kühlt also den Raum nicht, sondern heizt ihn auf.
Anders wäre das, wenn ich den Kühlschrank so ins Küchenfenster klemmen könnte, dass die Innenseite zur Küche zeigt und die Außenseite nach draußen. Die Lücken müsste ich natürlich irgendwie abdichten. Dann wäre meine heiße Bude quasi das Innere des Kühlschranks, die Straße vorm Haus das Äußere. Solche Konstruktionen gibt es tatsächlich. Die heißen Klimaanlage. Einen Kühlschrank auf die Art als Klimaanlage nutzen, würde aber meines Wissens nicht funktionieren. Die sind nämlich nicht auf so einen Dauerbetrieb ausgelegt und brennen schnell durch.
Kurzum, mit einem offenen Kühlschrank den Raum kühlen wollen ist ungefähr so verplant wie zu denken das Einscannen des Dokuments hätte nicht geklappt, weil das Blatt noch im Scanner liegt und nicht “im Computer verschwunden” ist. Deswegen ist der Screenshot oben so lustig. Es ist aber zugegebenermaßen nicht intuitiv. Man muss es halt mal gelernt haben. Auf der anderen Seite ist es nicht besonders schwierig, das zu lernen. Also, wenn das nächste Mal Euer Bandkollege vorschlägt, den Bierkühlschrank offen zu lassen um den Proberaum zu kühlen, lacht ihn nicht aus. Holt ihn mit ins Boot der thermodynamisch Grundgebildeten, lacht gemeinsam und freut Euch, dass wenigstens das Bier kalt ist.