Wenn jemand behauptet, er hätte in alten religiösen Texten Hinweise darauf gefunden, dass am 5. Oktober ein unbekannter Planet mit der Erde kollidiert, ist das für mich kein Grund, mir irgendwelche Sorgen zu machen. Wenn er dann auch noch behauptet, dass die nahende Kollision eine Sonnenfinsternis verursachen würde, zeigt er damit nur, dass er keine Ahnung von Astronomie hat und nicht einmal versteht, was eine Sonnenfinsternis ist.
Wenn mir hingegen ein Astronom sagt, er habe einen unbekannten Planeten entdeckt, seine Bahn berechnet und sei zu Schluss gekommen, dass er am 5. Oktober mit der Erde kollidiert, ist das eine ganz andere Nummer. Das eine ist plausibel, das andere nicht.
Aber was, wenn ich mich irre? Vielleicht hat der mit den religiösen Texten ja doch recht?
Ich kann nicht beweisen, dass er Unrecht hat. Das liegt in der Natur von Erkenntnis. Genauso wenig kann ich beweisen, dass es keine lila Pferde gibt. Aber was heißt das für unser tägliches Leben? Ob es irgendwo ein lila Pferd gibt, ist ja völlig egal für mich. Aber ob dieses Jahr die Welt untergeht wäre eine Info, die durchaus ändern würde, was ich den Rest des Jahres so mache. Wenn ich nicht beweisen kann, dass es nicht so ist, wäre es dann klüger, so zu leben, dass man diese Möglichkeit zumindest miteinbezieht? Sozusagen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein?
Nein. Auf gar keinen Fall. Es handelt sich hier eben nicht um eine “Eventualität”. Für die müsste es nämlich plausibel (wenn auch unwahrscheinlich) sein, dass sie auch eintritt. Wenn es keinen plausiblen Hinweis auf die Existenz von etwas gibt, muss man die nicht- Existenz annehmen. Andernfalls wäre sinnvolles Handeln (und Leben) nicht möglich. Es gibt nämlich unendlich viele Szenarien, deren Existenz ich nicht widerlegen kann. Damit meine ich nicht “ganz schön viele”, sondern wirklich unendlich viele.
Was wenn ich euch sage, dass es kleine, unsichtbare Äffchen aus Astralenergie gibt, die um uns herumschweben und sich einen Spaß daraus machen, Menschen Astralpopel in den Mund zu werfen, sobald die den aufmachen? Astralpopel sind nicht nur eklig, sondern auch krebserregend.
Könnt ihr nicht widerlegen. Und jetzt? Lieber aufhören zu sprechen, nur noch Suppe durch den Strohhalm und keine Zähne mehr putzen? Um auf die “Eventualität” vorbereitet zu sein, dass die Geschichte doch stimmen könnte?
Wäre natürlich Unsinn. Wie gesagt gibt es unendlich viele solcher nicht-Wahrheiten. Ich könnte mir den ganzen Tag welche ausdenken. Die alle zu befolgen würde das Leben unmöglich machen. Man könnte auch gar nicht alle befolgen, weil sich die meisten widersprechen würden. Vielleicht bildet sich in unserem Inneren permanent ein giftiges Gas, das uns altern lässt? Die einzige Möglichkeit, den Alterungsprozess zu verlangsamen, ist, den Mund offen stehen zu lassen, damit das Gas sofort entweicht. Würde ich ja – aber die Astraläffchen!
Genau das gleiche mit dieser Weltuntergangsankündigung. Und all den unzähligen Versprechungen verschiedener Alternativmedizin-Richtungen.
Um einem Kritikpunkt zuvorzukommen: empirische Erfahrung ist ein überzeugender Hinweis, auch wenn der Mechanismus unbekannt ist. Gerade Homöopathen behaupten ständig, Kritikern wie mir wäre Plausibilität wichtiger als die Frage, ob es funktioniert, nach dem Motto “Ich verstehe nicht, wie es funktioniert, also leugne ich, dass es funktioniert”. Das ist ein Strohmann-Argument. Wenn objektiv gezeigt werden kann, dass etwas funktioniert, dann ist das so, egal, ob ich den Mechanismus verstehe oder nicht. Kann das nicht gezeigt werden, zweifele ich es an. “Mal ausprobieren, wenn es kein großer Aufwand ist” könnte man natürlich. Dafür muss es aber – bei fehlendem Nachweis – zumindest Plausibilität geben. Sonst ist es das gleiche, wie den Mund offen stehen lassen. Oder nie mehr aufmachen. Je nachdem, welche von beiden Geschichten ihr besser fandet.
http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2017/01/07/weltuntergang-kollidiert-die-erde-am-5-oktober-2017-mit-planet-x/
Es gibt eine Hilfskonstruktion Man nimmt an dass das lia Pferd existiert und prüft ob sich daraus ein Widerspruch ergibt.