Eine Frau kommt mit einem kleinen Kind in die Notaufnahme. Kind hat hohes Fieber. Mutter ist sehr besorgt. “Heute morgen waren es 90°C!”. “90°C Fieber?!”, fragt der Arzt. Wie haben sie das denn gemessen? “Ich hatte kein Fieberthermometer zu Hause. Da habe ich den Herd angemacht und die Temperatur mit der Stirn vom Kind verglichen. Per Hand. Dann habe ich immer höher gestellt, bis die Temperatur irgendwann gleich war”.
Wirklich ein absurdes Erlebnis für einen Arzt. Er weiß natürlich sofort, dass das Kind nicht 90°C Fieber gehabt haben kann und misst erst mal selbst. Wenn die Frau auf eine 90°C heiße Stelle im Herd gefasst hätte, hätte sie sich gehörig die Finger verbrannt. Sie hat vielleicht die Hand von außen an die Tür gehalten, wo es viel kälter ist. Vielleicht hat sie die Hand auch in den leeren Raum im Herd gehalten, wo unser Schweiß sofort die Hand kühl hält. Außerdem ist der Thermostat im Herd in einem ganz falschen Bereich, um Fieber zu messen. Er geht meist erst bei 50°C los. Ob es ein oder zwei Grad wärmer oder kälter sind, ist ihm auch egal. Beim Fieber messen geht es aber um genau die ein oder zwei Grad. Abgesehen davon stirbt man bei etwa 42°C Fieber. Das wissen wir nicht nur aus endlos langer Erfahrung. Wir haben auch mechanistisch sehr genau verstanden, was Hitze mit den Bestandteilen unseres Körpers macht, und warum bei 42°C eben Schluss ist mit Leben.
Aber können wir da so sicher sein? Nur weil Du niemanden kennst, der 90°C Fieber aushält, heißt es ja nicht, dass es niemanden gibt! Vielleicht war das ein ganz besonderes Kind? Und nur weil die Frau kein fäncy-schmäncy Fieberthermometer hatte, heißt das ja nicht, dass ihre Messung falsch war! Vielleicht war es ein besonders genauer Herd und sie hat ein besonders gutes Temperaturgefühl. Und wenn Du denkst, dass bei 42°C Schluss mit Leben ist, kennst Du Dich wohl nicht richtig mit Biologie aus! Die haben nämlich Bakterien gefunden, die sich bei über 90°C erst richtig wohlfühlen! Da kann ich Dir sogar ein wissenschaftliches Paper zu schicken! Informier Dich mal!
Ist natürlich quatsch. Klar, wenn man objektiv rangeht, kann man sagen, dass diese Möglichkeit nicht 100%ig ausgeschlossen werden kann. So, wissenschaftstheoretisch gesehen. Man erkennt aber sofort, dass dazu eine Reihe von Annahmen nötig wäre, die jede für sich mega unwahrscheinlich wären. Demgegenüber steht eine äußerst plausible alternative Erklärung. Nämlich, dass die Mutter einfach die Temperatur falsch eingeschätzt hat, weil sie versucht hat, die auf eine völlig unsinnige Art zu messen.
Ein Vertreter der 90°C-Hypothese könnte jetzt einwenden, dass man zumindest mehr Forschung bräuchte, um hier ein klares Urteil fällen zu können. Z.B. ein ein 90°C heißes stück Metall an die Hand des Kindes halten, um zu sehen, ob es eine Brandblase kriegt. Aber auch das wäre nicht gerechtfertigt. Es wäre unmoralisch, so etwas zu machen, nur weil eine Frau völlig unüberzeugend darauf besteht, dass es aber 90°C gewesen sein müssen. Es wäre auch dann noch ethisch zumindest fragwürdig, wenn es sich um einen Erwachsenen handeln würde, der dazu sein Einverständnis geben würde. Weil die Chance, dass irgendetwas anderes als erwartet herauskommen würde, ziemlich genau Null ist. Dafür fügt man niemandem absichtlich eine Brandblase zu und verschwendet auch nicht Zeit und Aufwand von Leuten, die besseres zu tun hätten. Z.B. ernsthafte Forschung.
Tja. Die Mutter, die dachte, ihr Kind hätte 90 Grad Fieber. So bist Du, wenn Du denkst, Homöopathie könnte vielleicht doch wirken.
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