Heute mal ein klassisches Huhn-Ei-Problem. Nämlich dieses: was war zuerst da, Huhn oder Ei?
Wenn das Ei zuerst war, wer hat es dann gelegt? Aber wenn das Huhn zuerst war, woraus ist es dann geschlüpft? Knifflig.
Das Ei muss aus einem Huhn kommen, das Huhn wieder aus einem Ei, das wiederum aus einem Huhn. Geht weiter bis in die Unendlichkeit.
Allerdings: die Erde ist ja gar nicht unendlich alt. Kann also nicht unendlich bis in die Vergangenheit gehen, die Ei-Huhn-Spirale. Irgendwann gab es das erste Ei, irgendwann das erste Huhn. Wer war früher?
“Das Ei” gibt es natürlich schon länger als Hühner. Fische haben schon Eier gelegt, bevor es Vögel gab, geschweige denn Hühner. Diese Antwort finde ich aber unbefriedigend. Man meint ja eigentlich das Hühnerei, nicht irgendeins.
Also, wer war zuerst da, das erste echte Huhn oder das erste echte Hühnerei? Dazu muss man wissen, wie eine Tierart wie das Huhn überhaupt entsteht. Sie entwickelt sich aus einer anderen Tierart.
Es entstehen ständig kleinere Mutationen, die bestimmte Eigenschaften von einem einzelnen Tier ändern können. Das ist normalerweise Pech für das Tier. Tierarten sind nämlich meistens so gut an ihre Umgebung angepasst, dass jede Veränderung schlecht ist. Das wird aber schlagartig anders, wenn sich die Umgebung ändert. Dann sind plötzlich ganz andere Eigenschaften nützlich. Dann kann eine kleine Mutation plötzlich Gold Wert sein. Wer die hat, bekommt mehr Nachkommen (zb weil er erst später gefressen wird), so dass diese Veränderung sich in der Art durchsetzt. Das nennt man Selektionsdruck.
Durch diesen Prozess kann sich eine Population von Tieren (zb Hühnervorfahren) erstaunlich schnell sehr stark verändern (zb immer hühnermäßiger werden). Irgendwann sind sie so anders, dass man von einer neuen Art spricht. Traditionell sagt man, der Punkt ist erreicht, wenn sie sich mit der am nächsten verwandten Gruppe von Tieren (die vielleicht noch genau so aussehen wie die gemeinsamen Vorfahren, oder aber sich anderweitig verändert haben) nicht mehr fortpflanzen können.
Wenn man das im Detail nachvollziehen könnte, wäre die Grenze zur neuen Art natürlich verschwommen. Also, ab welcher Mutation genau man jetzt sagt, das ist ein Huhn, oder das ist noch der Vorfahre, wird ziemlich willkürlich, weil die einzelnen Schritte jeder für sich dann doch recht klein sind.
Aber eins ist sicher: Ereignet sich so eine Mutation im Körper, wird sie nicht vererbt, ist also für die Evolution egal. Vererbt wird sie nur, wenn sie in Spermium oder Eizelle auftritt. Mutter oder Vater, in denen das passiert, haben die zugehörige Eigenschaft nicht. So eine einzelne mutierte Spermazelle beeinflusst ja nicht den Rest des Körpers.
Der allererste, der diese Mutation überall hat (so dass sie sich auch auswirkt), ist die befruchtete Eizelle und der sich daraus entwickelnde Embryo. Und ihr wisst, wo der drin ist.
Egal, an welcher Stelle man die Grenze zwischen noch-nicht-ganz-Huhn und schon-echtes-Huhn legen will – das erste echte Hühnerei ist von einem Vogel gelegt worden, der noch kein echtes Huhn war. Geht nicht anders.
Die Frage, ob Huhn oder Ei zuerst war, hat also eine ganz eindeutige Antwort. Das Ei natürlich. Woraus soll das erste Huhn denn sonst geschlüpft sein?